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7. ARB

Zweites Symposium zum Siebten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung

Am 29. Januar 2024 hat das BMAS in Berlin das zweite Symposium zum Siebten Armuts- und Reichtumsbericht (7. ARB) der Bundesregierung durchgeführt, um den Mitgliedern des Beraterkreises - Vertreterinnen und Vertretern von Verbänden und Sozialpartnern, der Länder, der Bundestagsfraktionen und verschiedener Bundeseinrichtungen - Einblick in Ergebnisse der Begleitforschung zum 7. ARB zu geben. Die sich an die Vortragsblöcke jeweils anschließenden Diskussionen lieferten Anregungen und Hinweise, die bei der Erstellung des 7. ARB berücksichtigt werden sollen.

Begrüßung durch Abteilungsleiter Nermin Fazlic

In seinem Grußwort würdigte Herr Nermin Fazlic, Leiter der Grundsatzabteilung im BMAS, die Rolle der Begleitgremien als wichtiges Element in der der Armuts-und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung. Dass ein umfänglicher Beraterkreis und ein Wissenschaftliches Gutachtergremium existierten, deren Mitglieder frühzeitig über die geplanten Schwerpunktsetzungen und Akzente informiert würden und Gelegenheit hätten, die Ergebnisse der Forschungsprojekte zu diskutieren, sei bei Vorhaben der Bundesregierung nicht alltäglich. Für das BMAS sei diese Beteiligung aber ein notwendiger Bestandteil der Armuts- und Reichtumsberichterstattung und die Diskussionsbeiträge lieferten wertvolle Orientierungshilfen. Herr Fazlic stellte die Forschungsprojekte insbesondere mit Blick auf aktuelle Bezüge zu Vorhaben der Bundesregierung vor. Er sei sich sicher, dass die Forschungsergebnisse wertvolle Hinweise für zukünftige Vorhaben der Bundesregierung enthielten.

Ergebnisse der Begleitforschung

Nachdem im Rahmen des ersten Symposiums die Themen und Forschungsfragen der ARB-Begleitforschung vorgestellt wurden, konnten nun – teilweise noch vorläufige – Ergebnisse von acht Vorhaben präsentiert werden.

Im ersten Block wurde zwei Forschungsprojekte zur sozialen Mobilität vorgestellt, die aus unterschiedlichen Perspektiven Lebensverlaufs- und Kohortenanalysen vorgenommen hatten.

Laura Arnemann und Lukas Riedel berichteten für das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) über das Projekt "Geschlechtsspezfische Unterschiede bei Einkommen und Erwerbsbeteiligung, wichtige Einflussfaktoren und Ereignisse" [PDF, 2MB].

Sie konnten zeigen, dass sich zwar die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern über die Geburtskohorten hinweg langsam angeglichen hat, dies aber nicht für die Verdienste zutrifft. Eine Ursache hierfür sei die sinkende Vollzeitquote von Frauen. Der Effekt der Geburt von Kindern auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen habe sich nicht merklich verändert, wobei im Zeitablauf der Kohorten die Rückkehr in die Erwerbstätigung nach einer Geburt bei den jüngeren westdeutschen Frauen jetzt früher erfolge, während umgekehrt die ostdeutschen Mütter nunmehr zunehmend später nach der Geburt arbeiteten.

Die Lebenseinkommen von Frauen und Männer glichen sich ebenfalls über die Kohorten hinweg an, aber nur langsam. Das Lebenseinkommen von Frauen beträgt auch in der jüngsten untersuchten Kohorte (1970-79) nur 60% des Lebenseinkommens von Männern. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern waren früher vor allem in den akademischen Berufen groß, wo sich auch über die Zeit am meisten angeglichen haben, während die Einkommensnachteile von Nicht-Akademikerinnen in den jüngeren Kohorten teilweise sogar größer geworden sind.

Anschließend stellten Herr Prof. Olaf Groh-Samberg und Frau Prof. Wiebke Schulz (beide SOCIUM an der Universität Bremen) Ergebnisse aus dem Vorhaben "Entstehung und Bedeutung der sozialen Lage im Lebensverlauf" [PDF, 1MB] vor. Dieses knüpft an ein Forschungsprojekt an, mit dem für den 6. ARB eine Typologie sozialer Lagen entwickelt worden, die Informationen zu Einkommen, Vermögen, Wohnen und Erwerbstätigkeit bündelt und diese im Zeitablauf beobachtet. In dem neuen Projekt sind zwei zentrale Fragestellungen untersucht worden:

  1. Wie wahrscheinlich ist das Eintreten verschiedener Lebensereignisse in den unterschiedlichen sozialen Lagen?
  2. Welchen Einfluss haben diese Lebensereignissen auf die Mobilität zwischen den sozialen Lagen?

Die umfänglichen statistischen Analysen auf Grundlage des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zeigen, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Lage und dem Eintritt der verschiedenen Lebensereignisse besteht. Auch wenn keine im strengen Sinne kausalen Aussagen getroffen werden können, zeigt sich: Positive Ereignisse treten häufiger in höheren sozialen Lagen als in den unteren sozialen Lagen auf, und spiegelbildlich die negativen Ereignisse häufiger in den unteren sozialen Lagen: So ist bspw. das Risiko einer Erkrankung in der untersten Lage "Armut" doppelt so hoch wie in der obersten Lage „Wohlhabenheit“. Die Effekte dieser Ereignisse auf die Chancen, auf- oder abzusteigen, unterscheiden sich dabei zwischen den sozialen Lagen. Insbesondere in den oberen sozialen Lagen sind zum Beispiel soziale Abstiege mit Familiengründungen korreliert. Erkrankungen sind vor allem in den mittleren Lagen mit weniger Chancen auf einen Aufstieg assoziiert.

Im weiteren Verlauf des Projekts sollen unter andere noch stärker Geschlechterunterschiede berücksichtigt und untersucht werden, welche Faktoren Aufstiege aus den Lagen "Armut" und "Prekarität" besonders begünstigen

Die anschließende Diskussion zu diesem Block wurde durch einen Kommentar von Prof. Markus Promberger (IAB) eingeleitet. Er regte insbesondere an, die Forschungsarbeiten stärker in den wissenschaftlichen Fachdiskurs einzubetten und politische Handlungsempfehlungen klarer herauszustellen. Zudem schlug er vor, die geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation als Erklärungsansatz für Nachteile beim Einkommen zu prüfen.

Der zweite Block befasste sich mit den zentralen Themen der Einkommens- und Vermögensverteilung:

Rolf Kleimann und Jan Simon Wiemann (beide Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW)) stellten erste vorläufige Ergebnisse des Vorhabens "Entwicklungstendenzen der Einkommensverteilung in Deutschland vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie" [PDF, 3MB] vor. Einleitend wurden anhand der Hauptdatengrundlage des Projekts, des SOEP, methodische Fragen und die Aussagekraft gängiger Verteilungsmaße diskutiert. Anschließend wurde die Entwicklung zentraler Verteilungsmaße sowohl für verfügbare Einkommen als auch das Markteinkommen dargestellt. Eine Betrachtung der Entstehung der Markteinkommen zeigt, dass Einkommen aus Beschäftigung weiterhin die größte Bedeutung zukommen. Das deutsche Steuer- und Transfersystem führe dazu, dass ein großer Teil der markteinkommensbedingten Ungleichheit reduziert wird und die Ungleichheit bei den verfügbaren Einkommen deutlich geringer ausfällt.

Im weiteren Verlauf des Projekts werden kontrafaktische Analysen zur Untersuchung relevanter Veränderungen seit 2014/2015 durchgeführt (z.B. Einführung des Mindestlohns). Außerdem wird ein besonderer Fokus auf die Entwicklungen im Zuge der COVID-19 Pandemie gelegt.

Im zweiten Vortrag des Blocks stellten Dr. Charlotte Bartels und Viola Hilbert (beide Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)) Ergebnisse des Vorhabens "Vermögensaufbau in Deutschland – Aktuelle Trends und Treiber" [PDF, 2MB] vor. Im Fokus standen Vermögensmobilität im Lebensverlauf und die Rolle von Immobilienbesitz für die Vermögensentwicklung sowie die Erschwinglichkeit von Immobilienbesitz im Zeitverlauf. Der Vortrag zeigte, dass die individuelle Position in der Vermögensverteilung vergleichsweise persistent ist. Insbesondere das oberste Quartil der Vermögensverteilung zeigt sich im Zeitverlauf sehr stabil, aus dem niedrigsten Quartil gelingt etwa der Hälfte der Befragten über Zeitraum von 15 Jahren ein Aufstieg. Immobilienbesitz ist ein zentraler Faktor für den Vermögensaufbau. Dabei zeigt sich, dass besonders die unterschiedliche Preisentwicklung von Immobilien (z. B. in Ballungsgebieten und ländlichen Räumen) unterschiedlich starke Vermögensanstiege erklärt. Im Zeitverlauf hat sich außerdem die Relation von Immobilienpreisen zum Einkommen in vielen Bundesländern erhöht. Dem lief jedoch ein sinkendes Zinsniveau entgegen, weshalb der in diesem Projekt gebildete Erschwinglichkeitsindex relativ stabil geblieben ist. Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass ein mittleres Einkommen oftmals nicht ausreicht, um ein angemessenes Eigenkapital (in Höhe von 30 % des Kaufpreises) für den Erwerb von Wohneigentum mittlerer Preislage zu zahlen. Damit verfügt unter den Haushalten, die noch keine Immobilie besitzen, nur eine Minderheit über ein ausreichendes Nettovermögen für eine Partizipation am Immobilienmarkt.

Prof. Dr. Georg Cremer ging in seinem Kommentar auf die Herausforderungen bei der Analyse der Einkommensverteilung und der Aussagekraft gängiger Verteilungsmaße ein. Er lobte dabei den sensiblen Umgang des IAW-Projekts, z.B. durch die Betrachtung verschiedener Einkommensschwellenwerte im Niedrigeinkommensbereich. Er unterstrich, dass beobachtete Entwicklungen während der Pandemie auch kritisch hinterfragt werden müssten, da z. B. die Befragung unter Pandemiebedingungen und weitere Faktoren Einfluss auf die Datenqualität haben könnten.

Der dritte Block thematisierte Gründe der Nichtinanspruchnahme von Mindestsicherungsleistungen.

Dr. Dietrich Engels, Lisa Huppertz und Lena Heitzenröder vom Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) gaben einen Einblick in das laufende Forschungsprojekt "Nichtinanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen – Motive und Hintergründe" [PDF, 257KB].

Zunächst wurde das multimethodische Design der Studie vorgestellt, mit dem die Frage nach den individuellen Motiven und Hintergründen für eine Nichtinanspruchnahme beantwortet werden soll. Im Mittelpunkt steht die Befragung von Personen, die – trotz gegenwärtigem oder vergangenen Leistungsanspruch – auf Leistungen der Grundsicherung oder vorgelagerte Leistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag verzichtet haben. Die Auswertung von 70 leitfadengestützten Interviews ergab, dass eine Mehrheit der befragten Personen bewusst auf eine Inanspruchnahme verzichtete. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Komplexität des Antragsprozesses einerseits sowie ein geringes Anrechtsempfinden andererseits Hauptgründe für die Nichtinanspruchnahme seien. In komplementären Fokusgruppen mit Fachkräften und Multiplikatoren wurden zudem Ansatzpunkte für eine Verbesserung des Zugangs, bessere Begleitung der Betroffenen und eine Erhöhung der Inanspruchnahme diskutiert; diese Gespräche werden noch systematisch ausgewertet.

Anschließend gaben Prof. Dr. Ronald Bachmann und Dr. Christina Vonnahme vom RWI-Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung präsentierten die Ergebnisse des Vorhabens "Maßnahmen zur Reduzierung der Nichtinanspruchnahme von Mindestsicherungsleistungen – Ein internationaler Überblick" [PDF, 627KB]. Das Problem der Nichtinanspruchnahme von Sozialleistungen lässt sich in vielen Ländern beobachten und es gibt international zahlreiche Maßnahmen, die auf die Reduzierung der Nichtinanspruchnahme zielen. Ein Fokus lag auf Maßnahmen, die aufgrund ihrer inhaltlichen Relevanz, Wirksamkeit, Evaluierbarkeit sowie Übertragbarkeit auf Deutschland besonders geeignet erschienen. Für diese Maßnahmen wurden in einem letzten Schritt Steckbriefe erstellt, welche die Maßnahmen im Detail darstellen. Im Rahmen der Präsentation stellten die Forschenden die Maßnahmenkategorien Digitalisierung, Informationsinterventionen, lokale Dienste und proaktive Ansprache sowie Ausgestaltung der Beantragung und Auszahlung von Leistungen vertiefend dar.

Frau Dr. Judith Niehues von Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) ging in ihrem einordnenden Kommentar zu den beiden Präsentationen zunächst auf die Komplexität der Antragsverfahren ein. Gab aber zu bedenken, dass eine gewisse Komplexität unvermeidbar sei, solange sichergestellt werden soll, dass auch tatsächlich ein Leistungsanspruch bestehe. Das erschwere auch die automatische Auszahlung von Leistungen. Unvollständige Informationen seien ein weiteres Hindernis. Zudem gelte es auch beim wünschenswerten Ausbau der Digitalisierung datenschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten, die selbst den Austausch bereits vorliegende Informationen zwischen Behörden erschwerten.

Im vierten Block wurden gesellschaftliche Einstellungen zu Armut und Reichtum thematisiert und Ergebnisse des ARB-Beteiligungsprozesses präsentiert.

Anne-Christin Winkler (DIW Econ) stellte Ergebnisse zu "Wahrnehmung von Armut und Reichtum und Einstellungen zu Verteilungsfragen (ARB-Survey)" [PDF, 450KB] vor. Der Survey kommt dabei erneut zu dem Ergebnis, dass es eine Diskrepanz zwischen der Bewertung der individuellen und der gesellschaftlichen Situation gibt. Es zeigt sich beispielsweise, dass das Ausmaß und die Entwicklung von Armut und der Schere zwischen Arm und Reich als deutlich größer eingeschätzt wird, als dies die statistischen Maße der Einkommensverteilung zeigen. Dem gegenüber steht, dass die meisten Menschen weiterhin eher positiv auf die eigene Lebenssituation blicken. Subjektiv wahrgenommene Abstiege sind deutlich seltener als Aufstiege und Stabilität. Es lässt sich aber beobachten, dass die multiplen Krisen Einfluss auf die Wahrnehmung der Bevölkerung haben. Gegenüber 2019 hat sich der Blick auf die persönlichen Lebensumstände stellenweise getrübt. Dies zeigt sich auch bei der Wahrnehmung von Veränderungen über die Generationen hinweg: Der wahrgenommene Aufstieg gegenüber den Eltern ist im Vergleich zur Befragung aus dem Jahr 2019 weniger häufig, weil im Durchschnitt heute die Lebenssituation der Eltern besser bewertet wird.

Bei der Wahrnehmung gesellschaftlicher Entwicklungen ist insgesamt große Einigkeit über verschiedene sozioökonomische Merkmale hinweg festzustellen, etwa was das vermutete Ausmaß von Armut und Reichtum angeht oder die empfundene Krisenbetroffenheit. Bei letzterem Aspekt zeigt sich dennoch ein deutlicher Unterschied nach Einkommen. Von Armutsrisiko betroffene Haushalte berichten vergleichsweise häufig, dass sie im Zuge des Inflationsanstiegs Verzicht üben oder auch nicht weiter verzichten können, während Befragte aus höheren Einkommensgruppen sehr viel häufiger berichten, unverändert oder mehr zu konsumieren.

Abschließend stellte Ines Morgenstern vom Organisationsberatungsinstitut Thüringen (ORBIT) Zwischenergebnisse des Projekts "Organisation, Durchführung und Dokumentation der Beteiligung von Menschen mit Armutserfahrung am Erstellungsprozess des Siebten Armuts- und Reichtumsberichts" [PDF, 2MB] vor. Sie erläuterte das verwendete Methodenset, bestehend aus Online-Befragung, Beteiligungsforen und Fokusgruppen und berichtete anschließend von der Umsetzung. Die Beteiligungsformate wurden inzwischen alle durchgeführt und abgeschlossen und das Projekt befindet sich aktuell in der Berichtslegung. Zentrales Rekrutierungsinstrument für die Online-Beteiligung bildete eine Kampagne auf Social Media und über analoge Wege wie Flyer und Poster. An der Online-Beteiligung nahmen ca. 6.000 Bürgerinnen und Bürger und 2.700 Ehren- und Hauptamtliche aus dem Themenfeld Armut und Sozialarbeit teil. Die Beteiligungsforen fanden in Berlin, Mainz und digital statt. Dabei wurden weniger Personen erreicht, als erhofft, da sich zum einen die Rekrutierung als herausfordernd darstellte, zum anderen aber auch eine hohe Ausfallquote bei den Teilnehmenden zu verzeichnen war. Es fanden insgesamt sechs Fokusgruppen mit unterschiedlichen Zielgruppen in unterschiedlichen Regionen Deutschlands statt.

Erste Auswertungen des Fragebogens zeigen, dass viele der Teilnehmenden Armutserfahrung aktuell oder in der Vergangenheit aufweisen. Dabei blicken insbesondere Personen mit einer aktuellen Armutserfahrung mehrheitlich negativ auf die Zukunft und machen sich materielle Sorgen. Sie berichten außerdem deutlich überdurchschnittlich von Diskriminierungserfahrungen. Unter den gesellschaftlichen Herausforderungen wird die Schere zwischen Arm und Reich, die Stabilität des Sozialsystems und der gesellschaftliche Zusammenhalt am häufigsten angegeben.

In ihrem Kommentar unterstrich Dr. Dorothee Spannagel (WSI) die Bedeutung der beiden Vorhaben. Die Erkenntnisse würden den Bedarf für gute Daten unterstreichen, damit klar kommuniziert werden kann. Der ARB-Survey zeige deutlich die Krisenauswirkungen auf die Gesellschaft und belege dabei einen sozialen Gradienten. Sie begrüßte ausdrücklich, dass ein Beteiligungsprozess durchgeführt wurde und äußerte den Wunsch, dies auch bei zukünftigen ARBs fortzusetzen, dabei könne die Teilhabeperspektive dann noch weiter gestärkt werden. Auch wenn die Erkenntnisse nicht repräsentativ sein könnten, so zeigten sie doch, dass arme Menschen sich ihrer Situation sehr bewusst seien.

Ausblick

Zum Abschluss des Symposiums bedankte sich Frau Dr. Susanne Blancke, Leiterin der für die Erstellung des 7. ARB im BMAS federführenden Unterabteilung "Zukunft der sozialen Marktwirtschaft und des Sozialstaats, Digitale Transformation", bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Ihr sei besonders wichtig, dass in Zeiten großer gesellschaftlicher Verunsicherung auf Basis sorgfältiger Analysen diskutiert wird, um dann tragfähige Lösungen zu finden – so werde Vertrauen in die Demokratie und die Handlungsfähigkeit des Sozialstaats gesichert. Abschließend stellte sie den Zeitplan für die weitere Erstellung des 7. ARB vor und gab einen Ausblick auf das dritte, abschließende Symposium, bei dem der Berichtsentwurf vor seiner Beschlussfassung im Kabinett diskutiert werden wird.